Insolvenz von Generalunternehmern und Bauträgern
In allen Medien ist täglich von Lieferengpässen, gestiegenen Energiekosten, Materialmangel, Personalmangel, Baupreissteigerungen, Lohnsteigerungen, überdurchschnittlichen Grundstückseinstandspreisen, Bauverzögerungen, plötzlichem Nachfrageeinbruch und gestiegenen Darlehenszinsen die Rede. Diese bleiben nicht ohne Auswirkungen. Sie führen zu erheblichen finanziellen Belastungen bei den Generalunternehmern und Bauträgern. Es sind hohe bis fast unüberwindbare Hürden vorhanden, die Mehrkosten an die Erwerber/ Auftraggeber weiterzugeben. In der Folge kommt es zu Finanzierungsengpässen, zum Beispiel aus später möglichem Ratenabruf, erhöhten Einkaufspreisen oder Ausfall von Baufirmen oder Handwerkern. Die beiden Letzteren leiden direkt unter den Baupreissteigerungen, Personalmangel, Lieferengpässen und steigenden Energiepreisen.
Aufgrund dieser Entwicklung im Bausektor kommt es zu Finanzierungsengpässen und immer öfter auch zu Zahlungsunfähigkeiten und Insolvenzen.
Sind Sie als Erwerber von einer Insolvenz des Bauträgers oder Generalunternehmers betroffen, was sich in der Regel schleichend einstellt, dann ist guter Rat teuer. Es geht dann um Zeit und Geld – zwei Aspekte, die oft nicht einkalkuliert wurden. Zeit verlieren Sie, weil es bei Zahlungsschwierigkeiten zunächst zu einem Baustopp kommt bzw. einer verhängt wird. Es muss zunächst geklärt werden, ob und zu welchen Konditionen weitergearbeitet wird. Geld verliert man, weil teilweise Arbeiten bezahlt wurden, die noch nicht oder mangelhaft ausgeführt wurden. Weiterhin steigen die Finanzierungskosten und bei Neuvergabe von Bauleistungen sind in der Regel höhere Preise zu zahlen.
Spätestens in dieser Phase sollten Sie einen auf privates Baurecht spezialisierten Rechtsanwalt sowie einen erfahrenen öffentlich bestellten Bausachverständigen einschalten. Der öffentlich bestellte Bausachverständige stellt dabei fest, welche Bauleistungen fertiggestellt wurden bzw. welche noch offen sind, welchen Wert die Immobilie aktuell hat und welche Mängel vorliegen.
Ihr Rechtsanwalt sollte sich mit dem Insolvenzverwalter in Verbindung setzen und abklären, wie der weitere Ablauf aus Sicht des Insolvenzverwalters erfolgen kann. Im günstigsten Fall wird der Bauvertrag doch noch erfüllt. Dies wird nur erfolgen, wenn auch die Bank des Bauträgers mitspielt. Erst wenn der Insolvenzverwalter ablehnt, die bestehenden Bau- bzw. Bauträgerverträge weiterzuführen, dürfen Sie eigenständig nach Handwerkern oder Bauunternehmen suchen, die die Arbeiten fortführen.
Sollten Sie Erwerber einer Wohnung sein, so ist eine Abstimmung unter allen Beteiligten erforderlich, insbesondere wenn sich es um Leistungen am Gemeinschaftseigentum handelt.
Haben Sie eine Fertigstellungsbürgschaft bei einer Bank oder Versicherung hinterlegt, so ist mit dieser Kontakt aufzunehmen, wenn der Insolvenzverwalter die Baustelle nicht weiterführen will.
Im Weiteren haben Sie die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Ein größerer Geldsegen ist hierbei jedoch eher die Ausnahme und wird auch erst Jahre später eintreten.
Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird der Bauträgervertrag aufgeteilt in den kaufvertraglichen und den werkvertraglichen Teil. Wegen der bereits im Grundbuch eingetragen Auflassungsvormerkung werden Sie als Erwerber das Eigentum am Grundstück bzw. den Miteigentumsanteil erhalten. Bezüglich des Anspruchs auf Fertigstellung des Gebäudes hat allerdings der Insolvenzverwalter das Entscheidungsrecht.
03.01.2023
Dieser Artikel wurde geschrieben von
Bernd Ehrmann
Regierungsbaumeister und öffentlich bestellter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden und Baupreisabrechnung
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